Fahrradausflug 2024 – Wo bitte geht es zum August-Euler-Flugplatz?
16. Juli 2024

MGV Liederkranz Büttellborn, Radtour mit Bildungsauftrag (oder – schon irre, was wir alles nicht wissen).

Jedes Jahr in der Sommerpause treffen sich die Büttelborner Sänger vom MGV Liederkranz zu ihrer obligatorischen Radtour. Früher wurden die Ziele dieser Tour oft streng geheim gehalten, nur der Vergnügungsausschuss als Organisator wusste, wo die Reise hinführte. Die Radler fuhren los und keiner wollte den Anschluss verlieren, da das Ziel ja unbekannt war. Heute schlängelt sich die Radkarawane, bedingt durch hochgerüstete E-Bikers und Normalo-Bikers über Kilometer dahin und wenn dann ein Normalo auch noch mit wenig Luft auf den Reifen fährt, dann … Also wird das Reiseziel kurz vor Antritt der Fahrt bekannt gegeben. Dies erwies sich als sehr klug. Erstes Ziel: „August Euler Flugplatz Griesheim“. Fahrzeit ca. 30 – 40 Minuten. Danach so der Plan, geht es in ein „portugiesisches Restaurant“, ca. 10 Minuten vom Flugplatz entfernt. Also Abfahrt Büttelborn ca. 18:00 Uhr, Ankunft Flugplatz ca. 18:45 Uhr spätestens. Dort erwarten uns Herr Fiebig und Herr Bönning vom Museumsverein für Luftfahrt, um uns den Flugplatz und dessen Geschichte näherzubringen. Unterwegs wurde schon klar, wir verspäten uns. Als wir dann um 19:00 Uhr vor einer streng bewachten US-Einrichtung standen, wohl aufgrund eines fehlerhaften Radcomputers und uns das mit scharfen Schusswaffen bestückte Sicherheitspersonal nicht die Abkürzung über das Gelände gestattete, kontaktierten wir unsere Gastgeber und beichteten die kleine Verspätung, da der Flugplatz von Büttelborn aus nur unter größten Schwierigkeiten zu erreichen sei und unsere planmäßige Ankunft sich daher um ca. 45 Minuten verschieben würde. Etwas später, pünktlich um 19:30 Uhr empfingen uns die beiden Herren sehr freundlich. Die meisten von uns hatten noch nie etwas von einem Flugplatz in Griesheim gehört, auch sah es mehr nach einem Biotop für Vögel, Wildtieren und seltenen Pflanzen aus. Ein paar wenige Gebäude inkl. Tower, der flügel- und hecklose Rumpf einer alten DC 8, na ja, was wird uns hier schon erwarten? Was wir dann jedoch erfuhren war sehr beeindruckend. Der Rumpf der DC 8 war vom Förderverein des August-Euler-Luftfahrt-Museum zu einem Vorführraum umgebaut. Hier nahmen wir Platz und unser Gastgeber erzählte uns die wechselvolle Geschichte vom Griesheimer Sand.

Da die Gemeinde mit diesem Boden nichts anfangen konnte, schlossen Sie mit dem Königlich-Preußischen Kriegsministerium einen Vertrag über die Nutzung des „Griesheimer Sandes” als Truppenübungsplatz für Schießübungen. Es war aber auch die Zeit der ersten motorisierten Flugversuche. Die Franzosen waren auf diesem Gebiet schon weiter vor als die Deutschen. Der Unternehmer August Euler aus Frankfurt interessierte sich sehr für die aufkommende Fliegerei, kaufte sich in Frankreich ein Fluggerät, nahm daran einige Verbesserungen vor und stellt etwas später den Antrag, einen Teil des Griesheimer Truppenübungsplatzes zu pachten, „zur Herstellung von Flugmaschinen aller Art und zum Zwecke der anzustellenden Flugversuche mit diesen Maschinen”. Kurzum, der Griesheimer Sand wurde der erste Flugplatz in Deutschland. August Euler der findige Geschäftsmann und Konstrukteur, erwarb ein Gebäude, erweiterte dieses, baute Flugzeuge und jeder, der eines kaufte, konnte bei ihm nach Einweisung, Schulung und bestandener Prüfung, die Lizenz zum Fliegen eines solchen Gerätes erwerben. Er selbst hatte die Lizenz Nr. 1. So kamen zahlreiche Persönlichkeiten nach Griesheim, um sich ausbilden zu lassen, unter anderem auch Prinz Heinrich von Preußen, der jüngere Bruder des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. Herr Bönning verstand es uns in recht kurzer Zeit mit Wissen zu füllen. Heute ist die TU Darmstadt Betreiber des Flugplatzes und wird zu Forschungszwecken auf zahlreichen Fachgebieten genutzt. Wie der Flugplatz vom Förderverein des August-Euler Luftfahrtmuseums e. V., genutzt wird, kann auf dessen Homepage nachgelesen werden, ebenso die Geschichte und weitere interessante Themen. Wir dankten herzlich Herrn Fiebig und Herrn Dönning für den tollen Vortrag und der Führung über das Gelände und setzten unsere Radtour fort. Ebenfalls mit Verspätung kamen wir beim Portugiesen an, unsere Tische waren noch reserviert und nach ausgiebiger Stärkung traten wir die Heimfahrt an. Die schafften wir merkwürdiger Weise in einem Fünftel der Zeit der Hinfahrt.